Ist Open Source Software wirklich kostenfrei?
Mit dem Begriff Open-Source-Software (OSS) assoziiert der Anwender häufig das Attribut „kostenlos“. Dies ist jedoch nicht ganz korrekt, denn Open Source bedeutet lediglich, dass der zugrunde liegende Quelltext frei zur Verfügung gestellt wird, für eigene Zwecke modifiziert werden darf und so entstehende neue Versionen wiederum offen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Die eigentliche Nutzung von Open-Source-Anwendungen unterliegt unterschiedlichen Lizenzierungsmodellen, die nicht zwangsläufig kostenfrei sein müssen.
Des Weiteren kann der Einsatz von Open-Source-Software insbesondere im unternehmerischen Bereich zu Folgekosten für Beratung, Service und Support führen. Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, was bei der Nutzung von Open-Source-Programmen zu beachten ist.
Kostenlos heißt nicht automatisch freie Nutzung
Die Nutzung von Open-Source-Software wie z. B. das Betriebssystem Linux oder so beliebte Anwendungen wie LibreOffice kostet zwar keine Nutzungsgebühren, unterliegt jedoch im Einzelfall gewissen Lizenzbestimmungen.
Wer gegen diese verstößt, nimmt den Verlust der Nutzungsrechte in Kauf. Mehr noch: Lizenzverstöße können zu teuren Zivilverfahren mit hohen Schadensersatzansprüchen führen, unabhängig davon, ob der Lizenzverstoß vorsätzlich oder aus Unwissenheit geschehen ist.
Aufgrund der Tatsache, dass OSS-Produkte kostenlos bezogen werden können, denken viele Nutzer, dass keine Nutzungsbedingungen zu beachten sind. Open Source bedeutet jedoch nicht automatisch lizenzfrei! Diese Erfahrung musste auch ein kommerzieller Anbieter von IT-Hardwareprodukten machen.
Das Unternehmen hatte auf seiner Website Treiber-Software und Firmware zum Download angeboten, in die ein Open-Source-Code integriert war, der nach GPL lizenziert war. GPL steht für „General Public Licence“ und ist eine verbreitete Lizenzierungsform für freie Software.
Auf der Website des Anbieters war jedoch nirgends ein Hinweis zu finden, dass die Treibersoftware teilweise Open-Source-Code enthielt. Des Weiteren war keine Kopie des Lizenztextes zu finden und der Quellcode der Software war in dem Download nicht enthalten, was jedoch gemäß der GPL-Lizenz notwendig gewesen wäre. Gegen diesen Verstoß der Lizenzauflagen ging der Kläger (der Entwickler des freien OSS-Programmcodes) gerichtlich vor und erwirkte, dass der Hardware-Anbieter die betroffenen Programme in dieser Form nicht mehr anbieten durfte. Der Streitwert belief sich auf rund 100.000 EUR.
Urheberrecht ist nicht veräußerbar
Die Nutzung von Open-Source-Programmen ist grundsätzlich kostenlos, somit können Händler und Hersteller mit freier Software an sich nichts verdienen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, Gebühren für Kopierkosten (z. B. für Datenträger oder einen Download-Service) zu erheben. So kann beispielsweise eine Linux-Distribution (RedHat, SuSE usw.) in einer DVD-Box mit Handbuch kostenpflichtig veräußert werden. Schulungen rund um die entsprechenden OSS-Programme sind ein weiteres umsatzträchtiges Betätigungsfeld.
Weitere Geschäftsideen sind Serviceleistungen wie Beratung, kostenpflichtiger Support-Service oder Dienstleistungen wie Installationen, Betrieb und Überwachung von linuxbasierten Servern usw. Bei kommerziellem Geschäftsbetrieb mit Open-Source-Programmen ist jedoch das Einhalten der Lizenzbestimmungen immer zwingende Voraussetzung.
Beim Verstoß gegen die geltenden GPL-Bedingungen droht der Verlust des Rechtes auf Weiterverbreitung der Software und diese für eigene Zwecke zu bearbeiten oder anzupassen.
GPL-Lizenzen gelten auch für Anwender
Die beschriebenen GPL-Lizenzmodelle gelten nicht nur für Händler und Softwareentwickler, sondern auch für deren Käufer. Wenn ein Softwarehaus z. B. das Programm für einen Onlineshop entwickelt und sich dabei zumindest in Teilen bei Open-Source-Quellen bedient, gelten strenge Lizenzauflagen beim Verkauf der Software.
Wenn nun ein Kunde diesen Onlineshop einsetzt und der Händler zuvor gegen die GPL-Lizenz verstoßen hat, so verliert schlimmstenfalls auch der Käufer der Onlineshop-Software die Nutzungsrechte an dem Programm. Dies gilt generell und grundsätzlich – unabhängig davon, ob es sich um eine Standardanwendung oder um eine Individualentwicklung handelt.
Für Softwarekäufer ist es jedoch kaum nachprüfbar, ob in einer lizenzierten Software möglicherweise auch OSS-Code enthalten ist. Hier kann der Kunde sich schützen, indem im Kaufvertrag eine Schadensersatzklausel aufgenommen wird, die ihm im Fall einer Lizenzverletzung, die erst später bekannt wird, Schadensersatz zusichert. Um beim Fall der Onlineshop-Software zu bleiben: Der Käufer hätte dann Anspruch auf entgangenen Umsatz für den Fall, dass er die Shop-Software nicht mehr verwenden darf.
Open-Source-Software im Unternehmen
In Unternehmen werden Open-Source-Programme häufig aus Kostengründen eingesetzt. Gemäß einer Studie über Software im Unternehmen sind Open-Source-Programme besonders häufig bei kleinen und mittelständischen Unternehmen zu finden: Rund 70 Prozent der befragten KMUs gaben an, quelloffene Programme im Einsatz zu haben.
Doch gerade im unternehmerischen Bereich bedeutet „Open Source“ nicht automatisch auch „kostenlos“. Einzelheiten sind dem jeweiligen GPL-Lizenzmodell zu entnehmen. Rund 100 Lizenzmodelle sind in der GPL zu finden.
Von dem Gedanken, dass Open-Source-Software immer kostenlos sei, sollten sich IT-Entscheider schnell verabschieden. Open Source bedeutet lediglich, dass der Sourcecode der Software offen verfügbar sein muss.
Das fertige Programm kann jedoch in seinen Nutzungsrechten eingeschränkt sein, z. B. dass die Nutzung nur für private Zwecke genehmigt ist. Die Free Software Foundation nutzt häufig den Begriff „freie Software“, wobei in diesem Zusammenhang die Freiheiten von Nutzern und Entwicklern gemeint sind. Hier ist auch der Unterschied zur so genannten Freeware zu sehen – hier steht tatsächlich die kostenlose Nutzung einer Software im Vordergrund.
Die verschiedenen Lizenzen sind in folgende drei Kernrechte aufgeteilt: Nutzung, Weitergabe und Veränderung der Software. Wenn ein Unternehmen Open-Source-Programme wie z. B. OpenOffice lediglich nutzen will und nicht vorhat, Open-Source-Quelltexte in eigenen Programmen zu verwenden, braucht sich die Unternehmensleitung keine weiteren Gedanken zu machen: In diesem Falle unterliegt OSS-Software keinen weiteren Einschränkungen. Es fallen keine Lizenzgebühren an. Wie eingangs bereits erwähnt, entstehen lediglich Kosten für Beratung, Integration, Wartung und Support.
Open-Source-Software kann kommerziell verwertet werden
Die Nutzungsrechte, die durch OSS-Lizenzen gewährt werden, erlauben es auch, Open-Source-Programme zu vermieten und zu verkaufen. Daraus ergibt sich, dass Open-Source-Software zwar kostenlos sein kann, aber nicht zwangsläufig sein muss. Hier gilt es, das verbreitete Missverständnis auszuräumen, nach dem Open-Source-Software und kommerzielle Software als Gegensatz zu sehen sind.
Die einzige Einschränkung, die in diesem Zusammenhang gilt, ist die, dass für Open Source keine Lizenzgebühren erhoben werden dürfen. Lizenzgebühren stellen ein Entgelt für die Einräumung von Nutzungsrechten dar. Das bedeutet, dass für den Verkauf einer OSS – sei es als Download oder mittels eines Datenträgers – eine Gebühr erhoben werden darf, jedoch nicht für die Lizenzierung.
Fazit
Aus den bisherigen Ausführungen geht eindeutig hervor: Open Source ist kein rechtsfreier Raum! Auch beim Einsatz von Open-Source-Programmen gilt es, vertrags- und urheberrechtliche Vorschriften zu beachten.
Insbesondere im Zuge der aktuellen Urheberrechtsreform sind derzeit viele Fragen offen und bedürfen einer Klärung im Einzelfall. So sollten sich Entwickler von Open-Source-Anwendungen unbedingt genau informieren, welche GPL-Lizenz die geeignete für ihre Arbeit ist und welche Regeln diese im Einzelnen vorschreibt, denn gerade Softwareentwickler laufen schnell Gefahr, unbeabsichtigt Rechtsverletzungen zu begehen. Die daraus entstehenden Schadensersatzforderungen können Höhen annehmen, die kaum von einer Einzelperson zu bewältigen sind.
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Bilder: Canva
Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.
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