Indischen Lebenslauf/ CV bewerten: so geht’s

Wenn man über einen Dienstleister wie YUHIRO Entwickler sucht, dann erhält man Lebensläufe oder CV’s zugesendet. Diese zu analysieren ist oftmals nicht so einfach, da sie sich ein wenig von Lebensläufen aus Deutschland unterscheiden.

Im Beitrag ein paar Tipps wie man einen solchen Lebenslauf bewertet.

Besonders Entwickler CV’s sind oftmals nicht gut gemacht

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der indische CV von dem Deutschen dadurch, dass das Layout, die Grammatik, und vieles weitere nicht genau ist.

In Deutschland erwartet man zum Beispiel, dass nicht mal ein Grammatik Fehler vorhanden ist und das Layout stimmt.

Das findet man auf dem Subkontinent seltener. Oftmals schieben sich die Kandidaten die CVs gegenseitig zu und füllen nur das notwendigste aus. Das Vorwort wie “I am a passionate candidate, looking for a job where I can show my full potential” ist dann nicht selten überall gleich.

Welche Technologien kann der Entwickler wirklich?

Nicht selten stehen in dem Lebenslauf alles möglich für Technologien. Von HTML, CSS, über Node.JS, Angular, bis hin zu PHP und Zend, Symfony, Laravel.

Die Problematik ist oftmals, dass Programmierer auch Technologien nennen, die man nur kurz einmal recherchiert hat und keine wirkliche Erfahrung damit hat.

Daher ist es im späteren Interview wichtig, zu fragen, wieviel Monate oder Jahre Erfahrung in der jeweiligen Technologie besteht.

Wie gut ist er/ sie im Frontend?

Wie bereits erwähnt, werden HTML, CSS und ähnliche Frontend Technologien wie JavaScript, jQuery, Bootstrap, Angular, Vue, etc. angegeben.

Die Frage ist jedoch, wie gut ist der Kandidat wirklich in diesen Bereichen? Hier muss man genau nachfragen. Denn die meisten PHP Entwickler sind meistens Backend Entwickler und kennen sich weniger im Frontend aus. Auch weil in den meisten kleinen und grossen Unternehmen in Indien ein HTML/ CSS Webdesigner zur Verfügung steht.

Nur jeder fünfte bis zehnte wird auch gute Kenntnisse im Bereich Frontend mitbringen. (In vielen Aufgabenstellungen sind gute Frontend Erfahrungen nicht unbedingt notwendig. Sollte man jedoch so eine Person suchen, dann solle man das nochmal genauer eruieren)

Schlechtes Bild

Auch das Foto welches der Bewerber auf dem CV bereitstellt ist meistens nicht gut gemacht.

In Deutschland wird dagegen oftmals erwartet, dass man das Bewerberfoto relativ bis sehr professionell machen lässt.

Daher sollte man dem Bild nicht so viel Wert beimessen, da es wenig Aussagekraft in Südasien hat.

Wie lange hat der Kandidat für die früheren Arbeitgeber gearbeitet?

Man sollte auch schauen, wie lange der Kandidat jeweils bei den früheren Firmen gearbeitet hat.

Zumindest eine Stelle sollte dabei sein, wo der IT Spezialist mehrer Jahre gearbeitet hat.

Hat der Programmierer jedoch immer nur 6 Monate bis 1 Jahr bei den Arbeitgebern gearbeitet, dann ist das meistens kein gutes Zeichen.

Jedoch: Auch Entwickler die gewohnt sind schneller zu wechseln, kann man dazu bewegen länger zu bleiben. Wenn man faire Arbeitskonditionen anbietet.

Welche Schule hat der Programmierer besucht?

Es gibt in Indien drei Arten von Abschlüssen, welche man von der 1 bis zur 12. Klasse ablegen kann.

Das Höchste ist ICSE (Indian Certification of Secondary Education), das zweitbeste ist CBSE (Central Board of Secondary Education), und dann kommen die KSEB (Kerala State Education Board) Abschlüsse.

Hier eine kleine Beschreibung:

  • ICSE: Absolventen solcher Schulen haben meistens bereits mit Abschluss der 12. Klasse ein hohes Niveau an Englisch und gehören meistens zu Top Bewerbern. Prozentual gesehen sind jedoch eventuell nur 5 Prozent oder weniger auf solche Schulen gegangen.
  • CBSE: Hier ist die Sprache des Unterrichts, oder zumindest der Schulungsunterlagen auf Englisch. Wer einen guten Schulabschluss machen möchte, geht auf Schulen mit diesem Lehrplan. Es sind zirka 40 Prozent aller Absolventen auf solchen Schulen gewesen.
  • KSEB: Das ist ein Lehrplan, welcher zum Beispiel in Kerala angewandt wird. Es gibt in jedem Bundesstaat einen solchen Lehrplan, der eher lokal, als Indienweit, ausgerichtet ist. Die Problematik ist hier, dass der Unterricht auf der lokalen Sprache stattfindet und nicht auf Englisch. Absolventen von solchen Institutionen sind daher oftmals nicht gut in Englisch. Auch sonst kann die Ausbildung nicht mit ICSE oder mit CBSE mithalten.

Welchen Hochschulabschluss hat der Bewerber?

Es gibt in Indien unterschiedliche Hoschulabschlüsse.

Für einen Programmierer sind die besten Abschlüsse folgende:

  • BTech (Bachelor of Technology): Dauer ist 4 Jahre und es ist ein Ingenieursabschluss und wird an einer Ingenieurshochschule abolviert. Die Abkürzung für diesen Abschluss ist je nach Lehrinstitution auch BE (Bachelor of Engineering) oder BEng.
  • MTech (Master of Technology): Ein kleiner Teil der BTech Absolventen macht auch einen zweijährigen MTech Studiengang. Das machen aber nur zirka 15 Prozent aller BTech’s. Oftmals macht es jedoch keinen Unterschied, ob man nun nur BTech hat oder auch noch einen MTech.

Wichtig: Fast alle Ingenieurhochschulen haben ein sehr hohes Lernniveau.

Danach kommen die folgenden Studiengänge für Programmierer:

  • BCA/ MCA: BCA steht für Bachelor of Computer Application (3 Jahre) und MCA für Master of Computer Application (2 Jahre).  Anders als beim BTech, gibt es bei BCA/ MCA Institutionen, grosse Unterschiede in der Qualität der Lehre. Eventuell kann man hier auch auf die Laufbahn im Lebenslauf schauen, wo der Entwickler früher gearbeitet hat.
  • Bsc. Mathematics, Bsc. Physics,  Msc. Mathematics, Msc. Physics: Bsc. steht für Bachelor of Science. Msc. steht für Master of Science. Absolventen in Naturwissenschaftlichen Studiengängen eignen sich oftmals für Programmierjobs.

Danach kommen die folgenden Abschlüsse

  • BCom: Das ist der sogenannten Bachelor of Commerce. Der Studiengang ist für Menschen geeignet, welche in die Buchhaltung gehen. Ein sehr grosser Teil der Schulabsolventen entscheidet sich für dieses Studium. Es ist ein Massenstudium. Von der Qualität oftmals nicht sehr hoch. Jedoch kann es aufgewertet werden, wenn man ein MCom (Master of Commerce) und Zusatzausbildungen macht. Absolventen werden in manchen Fällen auch Quereinsteiger und gehen in die IT Industrie.
  • BA: BA steht für Bachelor of Arts. Also Studiengänge wie Business, Sprachen und ähnliche. Wie der BCom ist der Lehrplan auch nicht so stark. Auch die Hochschulen sind meistens nicht auf einem Top Niveau. Auch hier gibt es Quereinsteiger in die IT.

Danach kommen folgende Kurse:

  • Diploma in Engineering: Das sollte man nicht verwechseln mit einem Diplom Studiengang in Deutschland. In Indien handelt es sich um eine technische Ausbildung, welche 3 Jahre dauert und nach der 10. Klasse absolviert werden kann. Man sollte auch schauen, ob jemand dieses Diplom nach der 10. Klasse oder nach der 12. Klasse gestartet hat. Das macht einen Unterschied. Die Lehrinstitutionen und die Abgänger unterscheiden sich in ihrem Niveau erheblich und man sollte bei solchen Kandidaten genau hinschauen. Jedoch gibt es nicht selten auch Diploma Absolventen die sich in der IT Industrie beweisen. Man möchte sich nicht selten gegenüber BTechs und ähnlichen Absolventen beweisen. Übliche Abschlüsse sind Diploma in Electrical Engineering, Diploma in Mechanical Engineering.

Diploma Absolventen können auch ein verkürztes BTech, von 3 Jahren machen. Ähnlich wie in Deutschland, wenn man den Meister in einem Ausbildungsberuf gemacht hat, kann man ja auch dort ein Studium anhängen.

Welchen Standard hatten die früheren Beschäftigungen?

Es gibt in Indien Unternehmern mit unterschiedlichen Qualitäts- und Service-Ansätzen.

Dabei sollte man schauen, ob die Entwickler bei IT Dienstleistern gearbeitet haben, die ein bestimmtes Qualitätsniveau haben.

Es ist immer gut, wenn der Entwickler vielleicht auch in einem Softwareprodukt Unternehmen gearbeitet hat. Und dann vielleicht noch bei einem hochwertigen Webdienstleister, welcher Webanwendungsentwicklung anbietet.

Eher schlecht, sind Agenturen in Indien, welche kleine Websites basierend auf Joomla und WordPress bauen und oftmals nur irgendwie etwas zusammenschustern. Das Problem hierbei ist, dass die Lernkurve bei solchen Projekten sehr niedrig ist und man oftmals keine neuen Technologien wie Laravel, Node, Angular erlernt oder sonst auch nur wenig “Exposure” zur wirklichen Programmierung bekommt. Zudem gibt es bei solchen Webdesign Unternehmen nicht selten auch noch einen Frontend Designer, was dazu führt, dass die angeblichen Webentwickler, tatsächlich nur ein wenig WordPress hochladen und ähnliches machen.

Hat der Entwickler eher in Grossunternehmen oder kleinen Unternehmen gearbeitet?

Wenn man selbst ein kleines Unternehmen ist, bis zu 20 Mitarbeitern, dann sollte man nach Programmierern suchen, welche selbst in kleineren Unternehmen bis zu 200 Mitarbeitern (in Indien) gearbeitet haben.

Denn dann sind die Entwickler auch in der Lage solche Strukturen zu verstehen. Denn wenn man in kleineren Unternehmen gearbeitet hat, dann ist man sich auch gewohnt, ein wenig im Frontend, ein wenig in der Datenbank, ein wenig Testing und viele weitere Bereiche gemacht zu haben.

Wenn ein Bewerber nur in grossen Unternehmen wie TCS oder Infosys gearbeitet hat (Unternehmen mit mehr als 100’000 Mitarbeitern), dann können diese oftmals nur sehr kleine Teilbereiche. Zum Beispiel die Programmierung mit ASP.NET. Jedoch sind kaum Erfahrungen im Frontend (dafür gibt es einen separaten Frontendentwickler in grossen Unternehmen), im Testing (dafür gibt es ein Testing Team), in der Aufwandsschätzung (dafür gibt es einen IT Manager), etc.

Es ist zwar gut, wenn ein Programmierer bereits ein oder zweimal in grossen Unternehmen gearbeitet hat. Er oder sie, sollte jedoch auch in kleinen Teams, in kleineren Unternehmen gearbeitet haben, um einen besseren Blick für das Ganze zu haben.

Fazit

So unterschiedlich ist die Suche nach Programmierern oder Kandidaten in Indien dann wiederum nicht.

Wichtig ist eigentlich nur zu verstehen, dass es Unterschiede in folgenden Bereichen gibt:

  • Hochschulabschlüsse (BTech, BCA, MCA, Bsc., Msc., BCom, BA, Diploma)
  • Schule (ICSE, CBSE, KSEB)
  • Qualität der früheren Arbeitgeber
  • Hat der Entwickler in grossen oder kleinen Unternehmen gearbeitet

Die Noten sind eventuell nicht so ausschlaggebend. Meistens steht in den Lebensläufen eine Note von zirka 60 bis 70 Prozent. Wichtiger sind jedoch die Abschlüsse wie BTech selbst.

Was sind Ihre Erfahrungen?

Hier ein paar Tipps wie man einen indischen CV schreibt

Ansprüche an Lebensläufe weltweit 

Bilder: Canva


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

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