Qualitätsführerschaft oder Preisführerschaft in der Webentwicklung? Was ist besser?

In der BWL ist das Konzept der Qualitätsführerschaft und die Preisführerschaft sehr verbreitet. Michael E. Porter ist die Person hinter diesem Konzept. Was sollte man jedoch in der Webentwicklung anstreben? Wie kann man IT Projekte zum Erfolg führen? Qualität oder Preis?

Einführung

Im Grunde genommen gibt es grob zwei Strategien, welche man gehen kann, um unternehmerischen Erfolg zu erzielen.

Entweder man kann die beste Qualität bieten: Beispiel – Mercedes Benz. Das Bedeutet – hoher Preis.

Oder man kann die Preisführerschaft anstreben: Beispiel – Aldi. Das bedeutet – die niedrigsten Preise.

Wie kann man jedoch in der Webentwicklung vorgehen?

Die Besonderheiten der Webentwicklung

Laut einer bekannten Studie, dem sogenannten Chaos Report, welcher ständig durchgeführt wird, verfehlen fast 80 Prozent aller IT Projekte ihre Ziele.

Die Verteilung sieht wie folgt aus:

  • Typ 1) Das Projekt wurde zum Erfolg: zirka 20 Prozent der IT Projekte
  • Typ 2) Das Projekt wurde fertiggestellt: Jedoch wurde entweder das Budget und/ oder der Zeitrahmen überschritten. Oder die Funktionalitäten wurden nicht entsprechend umgesetzt: zirka 50 Prozent aller Projekte
  • Typ 3) Das Projekt wurde nicht fertiggestellt: zirka 30 Prozent aller Projekte

Woran liegt diese hohe Fehlerquote?

  • Beschränkte Budgets
  • Unwissen darüber wie lange es dauert eine Funktionalität zu entwickeln
  • Unwissen über die Einschränkungen von unterschiedlichen Programmiersprachen/ Frameworks
  • Vertriebsteam mit Abschlussdruck
  • Fehlendes IT Wissen beim Kunden

Nicht selten steht das Vertriebsteam unter dem Druck ein bestimmtes Umsatzziel für das Quartal zu erreichen.

Auch Programmierer müssen sich mit abgerechneten Stunden rechtfertigen. Manchmal ist das in Unternehmen transparent; manchmal nicht. In beiden Fällen wird jedoch die Frage nach dem Output gestellt.

Auch in Agenturen mit kleineren Strukturen, wo der CEO direkt entscheiden kann, wird nicht selten dem Druck nachgegeben. “Es muss ja irgendwo das Geld herkommen” “Gehälter müssen gezahlt werden”. “Ok, dann machen wir es halt zu dem Preis den der Kunde möchte”.

Am Ende stehen ein Berg an Funktionalitäten, einer beschränkten Zahl an Ressourcen in Form von Arbeitskraft und Zeit gegenüber.

Die Lösung wäre hier eigentlich nur eines der folgenden, um die Projekte zum Erfolg zu führen:

  • Die Funktionalitäten reduzieren: Damit lässt sich auch der Zeitaufwand für die Entwicklung reduzieren und auch der Preis. Es würde sozusagen zu einem TYP 2 Projekt (siehe Artikel weiter oben zur Chaos Studie).
  • Der Preis wird erhöht: Der IT Dienstleister merkt, dass der vereinbarte Preis nicht eingehalten werden kann. Der Kunde akzeptiert in diesem Fall einen höheren Preis. Dafür werden dann alle Funktionalitäten umgesetzt. Auch mehr Zeit wird eingeräumt. Auch das wäre ein TYP 2 Projekt.

Nur in wenigen Fällen gibt es tatsächlich TYP 1 Projekte, in denen alle Parameter (Zeit, Budget, Funktionalitäten) eingehalten werden.

Warum? Weil auch die Softwareentwickler die Zeit für eine bestimmte Funktionalität meistens nicht richtig einschätzen.

In der Softwareentwicklung/ Webentwicklung wird nicht selten davon gesprochen, dass wenn man von einem Monat und einem Budget von 1x ausgeht, dass es dann in der Realität, doppelt so lange dauert und doppelt so teuer wird (mit höchstwahrscheinlich der Hälfte der vereinbarten Funktionalitäten).

Wann werden Projekte zu TYP 3 Projekten (d.h. gescheiterte Projekte): Das passiert dann, wenn der IT Dienstleister merkt, dass der Preis, die Zeit oder die Funktionalitäten nicht passen. Und der Kunde nicht bereit ist, vom vorher vereinbarten Weg abzuweichen.

Was hat das nun mit dem Anfangs erwähnten Konzept von Michael Porter zu tun?

Man kann auch in der Softwareentwicklung/ der Webentwicklung den Preisführerschafts-Weg gehen oder eben den der Qualitätsführerschaft.

Einige Agenturen setzen auf günstige Strukturen, und zum Beispiel auch auf Offshore Outsourcing, um günstigere Preise anbieten zu können.

Das ist ein guter Weg. Jedoch sollte man hier jedoch aufpassen. Am Ende möchte der Kunde eine hohe Qualität haben.

Und Qualität hat immer seinen Preis. Auch wenn man ein global aufgestelltes Team mit günstigeren Strukturen hat.

Was ist nun der beste Weg?

Der beste Weg ist immer die Qualitätsführerschaft (hohe Preise), gepaart mit einer Kostenführerschaft. Besonders wenn es um kleinere Agenturen und IT Dienstleister geht.

Die Kostenführerschaft bedeutet, dass man seine Kosten unter Kontrolle hält. Zum Beispiel mit einem gesunden Prozentsatz an Offshore Entwicklern oder auch anderen Massnahmen, welche die Kosten kontrollieren können.

Gleichzeitig sollte man nicht mit den günstigsten Preisen werben: Denn um TYP 2 oder TYP 1 Projekte zu erreichen, braucht es Kunden, welche bereit sind, auch während des Projektes Preise anzupassen oder mehr Zeit einzuräumen oder weniger Funktionalitäten zuzulassen. Und solche sind unter Kunden mit “geringem Budget” oftmals eher schwer zu finden.

Qualität vs Preis vs Zeit

Es gibt zudem das ungeschriebene Gesetz, dass man nur eines der folgenden Dinge haben kann:

  • Qualität: Wenn es eine hohe Qualität haben soll, dann kostet es viel Geld und dauert lange.
  • Preis: Wenn es wenig kostet, dann ist die Qualität meistens schlecht bis mittelmässig und es dauert lange.
  • Zeit: Wenn es schnell gehen soll, dann kostet es viel und hat schlechte Qualität.

Fazit

Es gibt zwar ein Meer an Unternehmen das Webentwicklung anbietet. Nur wenige bieten jedoch Qualität an. Und diese Qualität spricht sich jedoch relativ schnell herum (“schnell” kann auch 5 bis 10 Jahre bedeuten 😊).

Aber es ist besser sich eine gute Reputation über die Jahre aufzubauen. Als schnell jedes Webprojekt anzunehmen.

Niedrige Kosten und hohe Qualität führt zudem zu einer Positiv Spirale. Mit den höheren Gewinnen, kann man sich wiederum bessere Entwickler leisten und diese erstellen bessere Webanwendungen und das führt wiederum zu mehr Projekten und mehr Umsatz. Gleichzeitig kann man auch mehr Geld in bezahlte Werbung investieren, was wiederum zu mehr Projekten führt.

Umgekehrt führen geringe Preise zu schlechten Kunden. Gleichzeitig fehlt Geld um in Marketing und Vertrieb zu investieren. Zudem führen viele solcher Niedrigpreis Projekte zu Typ 3 Projekten (IT Projekte die scheitern).

Was sind Ihre Erfahrungen?

Interessante Links:

Mehr zur Wettbewerbsmatrix von Michael Porter und der Qualitäts- beziehungsweise Kostenführerschaft

Bilder: Canva


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

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