Nearshore Outsourcing oder Offshore Outsourcing: Was ist besser?

In diesem Beitrag geht es um Nearshore Outsourcing und Offshore Outsourcing.

Es richtet sich an Personen die eine Entscheidung treffen wollen, wohin man Outsourcen sollte.

Mit Nearshore Outsourcing ist gemeint, dass man in Länder Outsourced, welche in der Nähe liegen. Für Deutschland wäre das zum Beispiel Polen, Rumänien oder die Ukraine.

Mit Offshore Outsourcing ist das Outsourcing von IT Aufgaben in etwas weiter entfernte Länder gemeint.

Was ist jedoch wann besser? Und was sind die Vorteile und Nachteile?

Schauen wir uns einfach mal die unterschiedlichen Punkte an, welche es zu berücksichtigen gibt:

1) Wie sieht die Verfügbarkeit von Entwicklern aus?

Eine Hauptherausforderung in Deutschland ist es, Entwickler zu finden, die an unterschiedlichen Projekten arbeiten.

Meistens ist es nur für sehr grosse Unternehmen wie SAP oder Microsoft möglich gute Entwickler zu finden. Weil diese meistens gute Konditionen bieten oder an attraktiven Standorten in Deutschland, wie München oder Berlin vertreten sind.

Wenn man bereits abseits der Metropolen seine Firma oder Agentur hat, dann wird es bereits meistens schwer.

Und solche Firmen suchen dann lange, bis dann die Entscheidung fällt auch im Ausland zu schauen, um dort zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.

Wenn man outsourced möchte man daher Zugriff auf Entwickler bekommen, die man ansonsten nicht hätte.

Wenn man sich die klassischen Nearshore Standorte anschaut, dann sieht man, dass es dort grössere Mengen von Entwicklern hat.

  • Beispielsweise gibt es in der Ukraine zirka 100’000 IT Fachkräfte
  • Auch in Rumänien sind es zirka 100’000 Programmierer
  • In Polen sind etwas etwas mehr mit 140’000 Programmierern

Innerhalb dieser Länder gibt es dann nochmal Zentren, wo es viele Programmierer gibt. In der Ukraine ist das zum Beispiel die Stadt Lviv, und in Rumänien ist das Cluj Napoca.

Was man jedoch merkt ist auch folgendes. Grosse Firmen wie Amazon, Google, Microsoft sind auch bereits dort vorhanden und stellen massiv ein. Daher gibt es auch einen Druck auf den Arbeitsmarkt.

Nun ein Vergleich mit einem Offshore Standort wie Indien. Dort hat IBM alleine bereits eine Belegschaft von mehr als 120’000 Mitarbeitern, die meisten sind davon Softwareentwickler.

Dass heisst, dass die indische Niederlassung von IBM alleine schon bereits mehr Mitarbeiter beschäftigt, als es zum Beispiel in der ganzen Ukraine IT Experten gibt.

Nicht nur IBM und Microsoft haben in Indien grosse Standorte auch indische IT Unternehmen beschäftigen viele Mitarbeiter. Es gibt beispielsweise eine Firma namens Tata Consultancy Services (kurz TCS). Diese beschäftigt insgesamt sage und schreibe mehr als 390’000 Mitarbeiter. Das alleine ist fast schon doppelt soviel wie in der kompletten Ukraine und Rumänien zusammen genommen.

Auch die zweitgrösste IT Firma in Indien, Infosys beschäftigt noch 200’000 Mitarbeiter. Wipro eine andere Firma dort beschäftigt mehr als 100’000 Mitarbeiter. Die Liste lässt sich eigentlich beliebig fortsetzen.

Worauf ich hinaus will ist folgendes: Es gibt in Indien einen riesigen Markt an Entwicklern. Sehr viel grösser als das in Europa möglich ist.

2) Wie sieht es mit der Qualität aus in Nearshore und Offshore Standorten?

Besonders in der Softwareentwicklung ist das Thema Qualität ganz wichtig. Viele IT Projekte, auch in Deutschland scheitern. Das liegt an schlechtem Code, an fehleingeschätzten Zeiträumen für die Entwicklung, zu niedrig eingeschätzte Budgets undsoweiter und so fort.

Das bedeutet daher auch, dass man gute Programmierer braucht, die ihr Handwerk verstehen.

Diese findet man definitiv in Nearshore Standorten.

In einigen Umfragen werden polnische und ukrainische Entwickler weit oben in den Rankings geführt.

Das ist auch der Grund warum soviele europäische und amerikanische Firmen dort nach Entwicklern suchen.

Wie unterscheidet sich die Qualität jedoch zu den Offshore Standorten wie Indien?

Es stimmt: Die Qualität ist im Durchschnitt höher in Nearshore Standorten.

In der Ukraine wird man Entwickler, höchstwahrscheinlich weil man ein Interesse an der Softwareentwicklung gefunden hat.

In Indien ist das jedoch ein wenig anders. Viele gehen einfach in diesen Bereich, weil es gute Gehälter und viele Arbeitsstellen gibt und der Druck in der Familie besteht, unter anderem Computer Science zu lernen.

Das bedeutet auch, dass viele gar kein so grosses Interesse an diesem Fach haben, sondern eher dort sind wegen des Geldes und der Möglichkeiten wegen, was nicht immer die beste Motivation ist.

Wenn man also in der Ukraine nach Softwareentwicklern sucht, dann kann man davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass man gute IT Experten findet.

Aber jetzt kommt das Besondere: Die Absolute Zahl an guten Entwicklern in Indien ist viel höher als in den Nearshore Standorten. Nur in der prozentuellen Zahl an guten Programmierern sind die Nearshore Standorte besser.

Hier ein Beispiel das dies veranschaulicht:

Es gibt 5 Millionen IT Fachkräfte in Indien. In der Ukraine sind es 100’000.

Sagen wir, dass in der Ukraine 80 Prozent der Entwickler sehr gut sind. Und in Indien sind es nur 35 Prozent.

Bei 100’000 Ukrainischen IT Experten macht das bei 80 Prozent, zirka 80’000 sehr gute Entwickler. Das ist bereits sehr viel!

Schauen wir uns die Rechnung für Indien an:

Es gibt 5 Millionen IT Fachkräfte. Davon sind 35 Prozent sehr gut. Das macht 1’750’000 sehr gute Entwickler. Das sind sage und schreibe 21 mal mehr gute Entwickler als in der Ukraine.

Das bedeutet also: Die prozentuale Anzahl an guten Entwicklern mag wohl in der Ukraine höher sein. Die absolute Zahl an guten Entwicklern ist jedoch in Indien um ein vielfaches höher.

Was heisst das in der Praxis? Wenn man gute Programmierer auf dem Subkontinent sucht, dann muss man eben darauf achten, diese 35 Prozent guten IT Experten zu bekommen. Dass heisst auch, dass der Auswahlprozess dementsprechend angepasst werden muss. Während man in der Ukraine oder in Rumänien mit hoher Wahrscheinlichkeit einen guten Mann oder Frau findet. Muss man in Indien genauer hinschauen.

3) Wie hoch sind die Kosten?

Die Herausforderung ist auch folgende: Die begehrten Entwickler sind umkämpft und daher steigen auch die Gehälter und damit auch die Preise stark an.

Es ist nicht unüblich, dass eine Firma aus Deutschland für einen Entwickler aus der Ukraine zwischen 6000 und 8000 US Dollar im Monat zahlt.

Das ist jedoch oftmals möglich, da entweder grosse Firmen wie BMW oder andere grosse Unternehmen aus Deutschland einkaufen, oder IT Dienstleister, die für diese grossen Konzerne arbeiten.

Dann sind diese hohen Preise auch keine Herausforderung.

Bei kleineren IT Dienstleistern und Agenturen sieht das anders aus. Diese müssen auf die Kosten achten und können nicht diese Preise bezahlen. Die Frage ist auch, warum man, sagen wir mal 7000 US Dollar, was in etwa 6000 Euro entspricht, zahlt? Denn ein Entwickler kostet mit allen Unkosten mit Gehalt und Bürokosten, eventuell nur genau diese 6000 Euro im Monat vor Ort.

Wenn es lediglich darum geht, Entwickler zu finden, dann macht diese Strategie Sinn. Denn dann sucht man vor Ort nach fehlenden Entwicklern.

Bei kleineren IT Dienstleistern ist es jedoch auch wichtig die Kosten im Überblick zu haben.

In Indien ist der Preis niedriger. Das ist ein Fakt. Einfach weil auch so viele Entwickler verfügbar sind. Man ist zwar lange Zeit davon ausgegangen, dass die Preise stark steigen. Diese haben sich jedoch auf einem mittleren Niveau eingependelt. Man erhält also für zwischen 2000 und 4000 Euro gute Entwickler auf dem indischen Markt. Das ist zirka die Hälfte was man in Nearshore Standorten wie Ukraine oder Rumänien bezahlt.

4) Wie wichtig ist der Zeitunterschied?


Wenn man an Asien oder Osteuropa denkt, dann geht man davon aus, dass Asien viele viele Stunden entfernt ist, während Osteuropa eher in der Nähe liegt. Das stimmt auch.

Dennoch: Die Unterschiede sind gar nicht mal so gross.

Der Zeitunterschied zum Beispiel zwischen der Ukraine und Deutschland liegt bei einer Stunde. Das ist sehr wenig.

Schauen wir uns mal Indien an: Hier liegt der Zeitunterschied bei 3.5 Stunden. Das ist gar nicht mal soviel. Zudem fangen die Arbeitszeiten in Indien zirka um 10:00 Uhr morgens an. Während es in Deutschland oftmals 08:30 Uhr am morgen ist. Daher ist die Überschneidung relativ hoch und man überschneidet sich von der Zeit her, zirka 4 bis 5 Stunden pro Tag, welches definitiv gut genug ist, sich abzustimmen.

Nur wenn man wirklich zeitgleich arbeiten möchte, dann ist Osteuropa besser. Aber das sollte wirklich selten der Fall sein.

Hier noch ein Fazit: Was sollte man nutzen?

Man muss abwägen: Was braucht man?

Geht es darum 1) hochqualitative Dienstleistungen zu erbringen, wobei man 2) wenig Zeit hat, nach passenden Entwicklern zu suchen, bei gleichzeitig 3)  hohem Budget? Dann ist Nearshore Outsourcing definitiv die bessere Wahl.

Denn die Wahrscheinlichkeit, dass man auch bei einer kurzen Suche einen passenden Entwickler in der Ukraine oder in Rumänien findet. Nur muss man wie schon gesagt, mit einer höheren Rechnung kalkulieren.

Braucht man ein etwas 1) grösseres Team? Hat 2) Zeit passende Entwickler zu finden? Und 3) muss auch auf die Kosten schauen? Dann ist Offshore Outsourcing der bessere Ansatz.

Es gibt zwar, wie schon erwähnt, viele Entwickler in Indien. Passende Leute zu finden, dauert halt ein wenig, da die Prozentzahl an guten Programmierern geringer ist.

Was ist Eure Erfahrung. Ich würde mich freuen davon zu erfahren.

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Bilder: Canva


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

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