Was ist ein Offshore Development Center/ Offshore Entwicklungszentrum (ODC)?

Outsourcing in das Ausland hat sich für viele Unternehmen bewährt. Hierbei haben sich unterschiedliche Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang gebildet.

Einige davon sind Offshore Outsourcing, Captive Team, Offshore Development Center (ODC), Remote Digital Team und einige mehr.

In diesem Beitrag wird der Begriff ODC (Offshore Entwicklungszentrum) näher erklärt.

Einführung

Wie das Outsourcing nach Indien und generell nach Südasien anstieg gab es nur relativ wenige Modelle der Zusammenarbeit.

In den meisten Fällen wurden von Einheimischen mit Kontakt in die USA kleinere Teams aufgebaut. Diese wurden mit Hilfe von Satelliten an die Kollegen in Amerika verbunden. Diese Verbindungen waren zum Teil sehr teuer. Die Gehälter in Indien waren damals jedoch so niedrig, dass sich eine Verlagerung der Arbeiten trotzdem lohnte. Dabei war Kostensenkung nicht unbedingt der Hauptgrund für die Auslagerung sondern der Zugriff zu weiteren IT Experten.

Firmen wie IBM erkannten das Potenzial sehr früh und waren bereits vor einigen Jahrzehnten vor Ort auf dem Subkontinent, um dort Teams aufzubauen.

Die Zusammenarbeit war jedoch meistens so ausgelegt, dass ein Aufgabenpaket oder ein Teilprojekt nach Indien, an eine Drittfirma, abgegeben wurde und diese arbeiteten wurden dann umgesetzt.

Es wurde zu einem heutzutage relativ hohen Stundensatz entwickelt, oder nach einem Ticketsystem gearbeitet. D.h. pro Ticket beispielsweise 200 US Dollar.

Sinkende Telekommunikationskosten und die Verbreitung der englischen Sprache

Mit der Zeit wurden die Internetverbindungen immer besser und günstiger. Gleichzeitig breitete sich auch die englische Sprache weltweit immer weiter aus.

Heutzutage hat sich also die Möglichkeit mit Indien zuammenzuarbeiten drastisch vereinfacht.

Unternehmen, aller Grösse, aus der ganzen Welt beziehen heutzutage IT Dienstleistungen aus Asien.

Die Stundensätze und die Konditionen haben sich dadurch enorm verbessert.

Auch neue Formen der Zusammenarbeit haben sich entwickelt. Eines ist das sogenannte Offshore Development Center, kurz ODC.

Was sind die Besonderheiten dieses Zusammenarbeitsmodells?

In dem zum Anfang dieses Beitrages erwähnten Modells, waren der Dienstleister (auf dem Subkontinent) und das Kundenunternehmen (damals noch vorwiegend in den USA) weitestgehend voneinander getrennt.

Es gab kaum Möglichkeiten sich täglich auszutauschen oder eine enge Beziehung aufzubauen.

Der Fokus lag eher darauf, Aufgabenpakete abzugeben und auf ein Resultat zu warten. Das Ergebnis war manchmal gut und manchmal eher weniger gut. Was sicherlich auch auf die erschwerte Kommunikation zurückzuführen war.

Mit der Zeit haben sich jedoch die Möglichkeiten für den Austausch verbessert. Mit Online Chat Modulen oder Online Projektmanagement Werkzeugen kann man heutzutage vereinfacht miteinander kommunizieren.

Durch diese neuen Möglichkeiten haben sich auch neue Modelle im Outsourcing nach Indien ergeben. Hier die Besonderheiten im ODC:

  1. Ein dediziertes Team für den Kunden: Normalerweise arbeitet ein Entwickler auf Seiten des Dienstleisters an mehreren Projekten und muss zwischen Aufgaben, Kunden und Projektleitern hin und her pendeln. Im ODC Modell arbeitet der Entwickler jeweils nur für diesen einen Kunden. Der Austausch beschränkt sich auf den internen Projektleiter der für den Kunden arbeitet, und die Mitarbeiter auf Kundeseite.
  2. Kunde ist in der Entscheidung, wer im Team mitarbeitet involviert: Auch hier unterscheidet sich das Offshore Development Center Modell von der herkömmlichen Herangehensweise. Normalerweise entscheidet der Dienstleister wer an welchem Projekt arbeitet. Dabei könnte der Dienstleister auch ganz einfach eine sehr unerfahrene Person mit dem Projekt vertrauen. Beim ODC ist der Kunde jedoch beteiligt an der Entscheidung wer in seinem Team sein wird. Oftmals bekommt der Kunde die Lebensläufe der Mitarbeiter zugesendet und kann in manchen Fällen auch technische Interviews und Coding Tests durchführen. So wird sichergestellt, dass er/ sie Programmierer bekommt welche auch zu dem lokalen Team und den Qualitätsansprüchen des Unternehmens passen.
  3. Möglichkeit der Mitbestimmung bei den Entwicklungsmethoden und Werkzeugen: Anstatt auf die spezifischen Entwicklungsmethoden oder Werkzeuge des Dienstleisters zu setzen, kann der Entwickler im ODC mit den Werkzeugen des Kundenunternehmens arbeiten. Dies verbessert die Kommunikation ungemein.
  4. Unterstützung bei der Infrastruktur: In den meisten Fällen hat der Anbieter auf dem Subkontinent bereits die komplette Infrastruktur welche man für so ein Vorhaben benötigt. In den meisten Fällen müssen nur noch die entsprechenden IT Experten gefunden werden. Manche Kunden möchten jedoch spezielle Software und Hardware nutzen. Hier bietet der Dienstleister gegen einen Aufpreis die Möglichkeit, die Infrastruktur zu individualisieren. Ob sich das lohnt muss jedoch jeweils im Einzelfall eruiert werden, da sich die Kosten teilweise enorm erhöhen können.

Wie verbreitet ist ODC?

Besonders in den USA hat diese Art von Zusammenarbeit sehr starke Verbreitung gefunden. Das liegt auch daran, dass man gemerkt hat, dass man enger mit dem Team in Indien zusammenarbeiten muss, um erfolgreich zu sein.

Heutzutage beschäftigen die meisten Unternehmen kleinere bis grössere Teams auf dem Subkontinent auf diese Weise.

Es gibt einige Unternehmen in Südasien, welche mehrere hundert Entwickler für einen einzigen grossen Kunden in den USA bereitstellen und nur für deren Bedarfe arbeiten.

Die meisten Dienstleister bauen jedoch unterschiedliche Teams für unterschiedliche Kunden auf.

Grössere Anbieter sind Infosys und Tata Consultancy Services, welche darauf spezialisiert sind ODC Zentren mit mehreren Tausend bis Zehntausend Programmierern aufzubauen.

Dann gibt es die mittelgrossen Anbieter, welche “nur” Teams von einigen Hundert Entwicklern bereitstellen.

Kleinere Anbieter, wie zum Beispiel YUHIRO, bieten den Aufbau von kleinen Teams von 1 bis 20 Entwicklern an.

Wie sieht es im deutschsprachigen Raum aus?

Im deutschsprachigen Raum ist immer noch das “Auslagern der kompletten Aufgabe und hoffen das was gutes zurück kommt” Modell der Hauptmodus der Zusammenarbeit.

Das kann teilweise klappen. Oftmals kommt es jedoch zu Kommunikationsschwierigkeiten. Aussagen wie “Aber wir hatten doch das gemeint”, “Wir dachten aber, dass das auch Teil der Aufgabe war”, “Warum ist die Qualität so niedrig” sind an der Tagesordnung.

Mit einem Offshore Entwicklungszentrum kann man solche Problematiken umgehen und die Grundlage für eine positive Zusammenarbeit legen.

Der Trend geht auch im deutschsprachigen Raum hin zum Offshore Entwicklungszentrum. Wobei man jedoch sagen muss, dass Outsourcing nach Südasien im Allgemeinen noch etwas in den Kinderschuhen in dieser Region steckt. Was etwas verwunderlich wirkt, wenn man von dem hohen Bedarf an IT Dienstleistungen ausgeht.

Fazit

Das Offshore Development Center Zusammenarbeitsmodell ermöglicht eine sehr viel höhere Transparenz und eine verstärkte Möglichkeit der Kontrolle.

Durch die enge Zusammenarbeit lernt das Team in Südasien die Anforderungen an die Qualität und auch an die Einhaltung von Zeitplänen des Teams vor Ort kennen.

Der Gedanke des langfristigen Aufbaus eines Remote Teams muss jedoch in diesem Modell verankert sein. Wenn man vorhat nur kurz ein Projekt abzuwickeln dann lohnen sich andere Zusammenarbeitsmodelle, wie das klassische Outsourcen von Projekten.

Hinweis: Die Definition von ODC wird von unterschiedlichen Outsourcing Unternehmen unterschiedlich ausgelegt. Die Konditionen unterscheiden sich mitunter erheblich. Manche geben den Kunden viel Handlungsspielraum, andere eher weniger. Wobei letzteres nicht immer negativ sein muss, sondern von Professionalität zeugen kann. Beispielsweise müssen auch Arbeitsrechtliche und andere Regulierungen in dem jeweiligen asiatischen Land von dem Dienstleister eingehalten werden.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Interessanter Link zum Thema:
Begriffserklärung auf reverso.net
Video zum Thema Offhore Development Center

Bilder: Flickr.com/ Praveen/ Mozilla India


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

Schreibe einen Kommentar