Softwareentwicklung im Ausland


Für viele Unternehmer ist es interessant im Ausland Software entwickeln zu lassen. Das hat auch damit zu tun, dass es einen geringen Nachschub an qualifizierten Programmierern im Inland hat (Stichwort Fachkräftemangel). In anderen Ländern ist das IT Fach jedoch sehr beliebt, besonders in den osteuropäischen und asiatischen Nationen. Daher sind in Ländern wie der Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Vietnam, Thailand, Malaysien, Indien und China grosse IT Industrien entstanden. In diesem Beitrag zeigen wir die verschiedenen IT Destinationen auf und wo ihre Stärken und Schwächen liegen.

Ukraine: Ein beliebter Nearshoring Standort

Die Ukraine ist eines der stärksten Länder in Osteuropa, wenn es um das Thema Outsourcing und IT geht. Es gibt mehrere Gründe, warum sich die Ukraine so dynamisch in diesem Bereich entwickelt hat.

Es gibt dort eine grosse Anzahl an Hochschulabsolventen im IT Bereich. Gleichzeitig war und ist die wirtschaftliche Dynamik in diesem Land sehr schwach. Diese Lücke wurde durch das Outsourcing zum Teil geschlossen. Dadurch sind Stellen für diese hochqualifizierten Programmierer entstanden.

Es gibt einige Unternehmen in Deutschland, welche Programmierzentren in der Ukraine aufgebaut haben, um damit gezielt die Unternehmenslandschaft in Europa zu unterstützen.

Ein grosse Schwäche die das Land derzeit hat, ist die politische Instabilität. Besonders nach dem Einmarsch Russlands in die Krim-Region im Jahr 2014, hat sich die Lage erheblich verschlechtert. Dies hat auch Auswirkungen auf die hiesige Softwareindustrie.

Bulgarien: Klein aber fein

Bulgarien ist ein eher kleinerer Player im Outsourcing Geschäft. Dies liegt sicherlich auch an der geringen Gesamtgrösse des Landes. Insgesamt hat das Land nur etwas weniger als 8 Millionen Einwohner.

Bulgarien hat jedoch eine sehr dynamische Entwicklung im Bereich Software-Dienstleistungen hingelegt. Besonders nach der Marktöffnung in 1989, haben fast alle grossen Softwareunternehmen (SAP, IBM, HP, etc.) dort Büro’s gestartet.

Auch der Anschluss Bulgariens an die EU im Jahr 2007 hat für weiteres Wachstum gesorgt.
Es werden in diesem Osteuropäischen Land hochkomplexe IT Projekte abgewickelt.

Wenn es um die Kosten geht muss man sagen, dass die Löhne in diesem Sektor definitiv rasant steigen werden. Daher können wir zumindest nicht einschätzen, ob es sich derzeit lohnt in Bulgarien entwickeln zu lassen.

Vietnam: Günstiger als China oder Indien

Vietnam ist ein aufstrebendes Land. Besonders in der IT macht es grosse Fortschritte.

Laut unterschiedlichen Quellen, sind die Kosten um 30 bis 40 Prozent geringer als in China oder Indien. Das macht das Land attraktiv für das Thema Outsourcing. Besonders Japan macht Gebrauch von Entwicklungsdienstleistungen aus Vietnam und das Land hat Indien als Hauptanbieter von IT Outsourcing Dienstleistungen nach Japan ersetzt.

Eine Problematik ist jedoch, dass die englische Sprache nicht so weit verbreitet ist. Das kann die Kommunikation behindern, welche besonders in IT Projekten sehr wichtig ist.

Mit mehr als 1’000 IT Firmen, welche mehr als 80’000 Mitarbeiter beschäftigen ist Vietnam wahrlich kein kleiner Player mehr im internationalen Outsourcing Geschäft.

Malaysien: Unbekannt und unterschätzt

Der Grund warum Malaysien eher unbekannt ist im internationalen Outsourcing ist wohl, dass dieses aufstrebende Land einen hohen heimischen Bedarf an IT Dienstleistungen hat. Daher wird nicht soviel exportiert.

Auf der anderen Seite hat das Land auch ein relativ hohes Durchschnittseinkommen. Daher kann Malaysien nicht so stark mit dem Thema „geringe Kosten“ glänzen.

Dennoch kann man aus Malaysien gute und dennoch, im Vergleich zu westlichen Standards, günstige IT Dienstleistungen erhalten.

Für Startups scheint dieses Land eventuell nicht so gut als Outsourcing Partner geeignet zu sein. Für spezialisierte Outsourcing Vorhaben kann es die richtige Wahl sein.

China: Eine kleiner Riese unter den Outsourcing Ländern

China ist mit seiner schieren Grösse (Einwohnerzahl: mehr als 1,3 Milliarden) in fast allen Bereichen der internationalen Wirtschaft ein Faktor.

Dennoch hat China lange Zeit keinen Fokus auf IT Dienstleistungen gehabt und ist daher bei weitem nicht so gross wie zum Beispiel Indien.

Durch die starke Binnennachfrage Chinas steigt auch der Bedarf an IT Outsourcing.

Ins Ausland wird derzeit noch wenig IT exportiert. Dies liegt an den geringen Kapazitäten, welche in den letzten Jahren aufgebaut wurden, sowie an einer geringen Kenntnis der englischen Sprache.

Das Land hat jedoch die Wichtigkeit dieses Sektors erkannt und investiert derzeit sehr stark in diesen Bereich.
Für Unternehmen aus Deutschland, welche Vorhaben in China Software entwickeln zu lassen, kann es interessant sein, Dependancen vor Ort zu eröffnen und mit lokalen Partnern zu kooperieren, da es sehr viele Hochschulabsolventen mit IT Abschluss gibt.

Indien: Der Riese schlechthin im IT Outsourcing

Jedes der grössten acht IT Outsourcing Unternehmen in Indien hat mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz und das Kleinste dieser acht Unternehmen, mit Namen Genpact, hat bereits mehr als 65‘000 Mitarbeiter. Der grösste Anbieter, Tata Consultancy Services, hat gar mehr als 300‘000 Mitarbeiter. Im Vergleich dazu: SAP, das grösste IT Unternehmen Deutschlands und gleichzeitig auch Europas hat zirka 66‘000 Angestellte.

Neben den IT Riesen, gibt es noch Tausende von kleinen bis mittelständischen IT Unternehmen, welche sich auf Startups bis zu mittelständischen Unternehmen spezialisiert haben.

Das ganz Besondere an Indien ist, dass die Binnennachfrage mehr als sehr gering ist. Dadurch ist die Softwareentwicklungs-Industrie fast komplett nach aussen, auf den Export, gerichtet.

Durch die langjährige Erfahrung im Outsourcing hat man die Bedürfnisse von westlichen Kunden bereits erkannt und kann auch auf kommunikative Herausforderungen eingehen.

In der Softwareentwicklung setzen, wenn es um Deutschland geht, noch hauptsächlich grosse multinationale Unternehmen auf die Dienstleistungen aus Indien. Bei mittelständischen Unternehmen entsteht der Trend erst langsam, aus diesem spannenden Land, IT Dienstleistungen zu beziehen.

Thailand: Unbekannt und erfolgreich

Thailand ist eher unbekannt unter den Outsourcing Ländern. Jedoch hat es eine IT Industrie die bereits mehr als 22 Milliarden US Dollar an Umsatz macht.

Thailand glänzt durch eine hohe Qualität, niedrige Lohn-Kosten und eine starke Infrastruktur.

Auf der anderen Seite gibt es die Probleme der politischen Instabilität, ähnlich zur Ukraine. Auch die Englischkenntnisse sind noch nicht stark verbreitet.

Es gibt einige mittelständische Unternehmen in Deutschland, welche ihre IT Dienstleistungen aus Thailand heraus erbringen.

Grossunternehmen wie IBM, Accenture und Samsung nutzen das Land meistens, um den lokalen Bedarf an IT zu decken.

Rumänien: Ein grosses IT Land in Europa

Rumänien hat den Vorteil, gegenüber seinen Nachbarn wie Bulgarien oder Serbien, dass es eine relativ hohe Einwohnerzahl von fast 20 Millionen Einwohnern hat.

Ein weiterer Vorteil ist die Nähe zu den westeuropäischen Ländern. Es gibt zum Beispiel nur eine einstündige Zeitverschiebung zu Deutschland. Auch im Flugzeug lässt sich Rumänien innerhalb weniger Stunden erreichen.

Von den zirka 65‘000 Mitarbeitern in der rumänischen IT Industrie, arbeiten fast 50‘000 in der Outsourcing Industrie (Aussage Sorin Gavanescu, Vice President, ANIS – Dachverband der rumänischen Softwareindustrie).

Ein Grossteil der IT ist in Bucharest der Hauptstadt des Landes angesiedelt. Dort werden mehr als 60 Prozent des Gesamtumsatzes der Outsourcing Industrie erzielt.

Die Nachteile zeigen sich in den rasant steigenden Lohnkosten. Denn nach dem Anschluss an die Europäische Union entwickelt sich das Land dynamisch. Allein dieses Jahr sind laut dem Beratungshaus PriceWaterhouseCoopers die Gehälter in der ITK Industrie um sieben Prozent gestiegen.

Fazit

Softwareentwicklung im Ausland ist ein sehr spannendes Thema. Derzeit hat man die Qual der Wahl, da es weltweit sehr viele gute Alternativen gibt. Besonders die asiatischen Länder wie Thailand, Vietnam, Malaysien und die in diesem Artikel nicht angesprochenen Länder wie die Philippinen und Indonesien holen auf.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Softwareentwicklung im Ausland gemacht? Wir freuen uns auf einen Austausch.


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt und Softwareprojekte abwickelt.

3 Kommentare
  1. Sehr interessanter Artikel!

  2. Sehr geehrter Thattil,
    Outsourcing ist meiner Ansicht nach völlig überschätzt. Nach 17 Jahren in der Softwareentwicklung habe ich viel gesehen und viel mitgemacht.
    Im größten Versicherungsprojekt in Europa durfte ich mit Infosys zusammen arbeiten. Wir mussten einen Projektcrash abwenden und durften nicht darüber sprechen. Ich währe beinahe zu Infosys gewechselt aber die unprofesionelle Art lies mich umdenken. Die letzten 8 Jahre habe ich mit Outsourcing Inhouse gearbeitet und was soll ich sagen, mäßig. Es mag funktionieren bei klaren Schnittstellenbeschreibungen und klar abgegrenzten Aufgaben und aktiven tracking aber das haben die meisten Firmen nicht und deshalb ist es am Ende eine Nullrechnung. Streng nach dem Slogan pay Peanuts and get some Monkeys. Nicht missverstehen, ich habe weltweit 16 Techniker ausgebildet mit denen ich den Support gestemmt habe aber ALLE Projekte die autark abgewickelt werden sollten sind kläglich gescheitert und der Preis war z.B. eine 50.000.000 € Cashcow…. wieviel hat man sich nun gespart ?.

    Hochachtungsvoll

    Iannucci Markus

    • Hallo Herr Jannucci,

      Danke für Ihren Beitrag. Sehr spannend.

      Outsourcing kann klappen, muss es aber, wie Sie beschrieben haben, nicht immer. Man sollte jedoch auch nicht vergessen, dass IT Projekte im Allgemeinen eine Tendenz zum Scheitern haben. Laut Chaos Report sind es zirka 30 bis 40 Prozent aller Projekte.

      Gleichzeitig beschäftigt das Unternehmen Infosys mehr als 200’000 (zweihunderttausend) Mitarbeiter, die meisten davon in der IT. Ich bin mir relativ sicher das dass Unternehmen in der Lage ist auch Projekte zum Erfolg zu führen, ansonsten könnte man keine so grosse Firma aufbauen.

      Firmen wie SAP oder Microsoft bleiben bei weitem auch nicht vor solchen gescheiterten Projekten verschont.

      Im YUHIRO Blog gibt es noch einige weitere Betrachtungswinkel zu diesem Thema.

      Viele Grüsse und Dank für den Kommentar
      Sascha Thattil

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